1959 - 1994

SCHWERE KURZHAUBER-LKW

1959 - 1994

Ein Radstand von wahlweise 4.400 oder 5.500 Millimetern sowie Gesamtgewichte von zwölf und 13,5 bis 14 Tonnen: Das waren die typischen Kennzeichen der 1959 gebrachten ersten Kurzhauber-Pritschenwagen. Bald jedoch folgten schwerere Kaliber, zum Beispiel 1962 in Gestalt des L 332 B. Dessen Gesamtgewicht von 19 Tonnen verrät, dass er für den Export konzipiert war. Die für Deutschland dann typischen Höchstgewichte von 16 Tonnen deckten Modelle wie der schon 1960 gebrachte L 334 ab, der aber erst ab 1962 auch als Pritschenwagen zur Verfügung stand (und dann aber typischerweise wieder mit den schweren Hinterachsen gebaut und auch nur in einem Radstand – 5.200 Millimeter – angeboten wurde). Beim Pritschenwagen waren die Kurzhauber eine aussterbende Art, der Frontlenker lief ihnen in diesem Segment auf Dauer den Rang ab.

Generell galt für die Kurzhauber, die vor allem im Baustellenbereich und im Export ungeheuer erfolgreich waren: Als Kompromiss auf Rädern kamen die im März 1959 erstmals vorgestellten neuen Kurzhauber von Daimler-Benz. Neue und besonders rigide Vorschriften bei den Maßen und Gewichten brachten das Aus für die traditionellen Langhauber, die sich mit ihren stattlichen Nasen eben auf einmal den Vorwurf der Platzverschwendung zu Lasten der Ladefläche gefallen lassen mussten.

MAXIMUM AN NUTZLAST BEI LIMITIERTEM GESAMTGEWICHT

Diese Hauben ein wenig zu schrumpfen, war nun das Gebot der Stunde. Denn die Konstrukteure waren gezwungen, bei begrenzten Außenabmessungen möglichst viel Platz für die Ladefläche zu schaffen und obendrein so leicht wie möglich zu bauen, um ein Maximum an Nutzlast bei ebenfalls rigide limitiertem Gesamtgewicht sicherzustellen. Gleich ganz auf die im Ausland bereits in Mode gekommene Frontlenkerbauweise umzuschwenken, erschien den Konstrukteuren wohl als zu gewagt, bei denen immer noch ein Fünkchen Hoffnung glomm: Es war nicht eindeutig abzusehen, ob sich das Frontlenkerprinzip auf Dauer durchsetzen würde und ob die Kunden solch einen radikalen Schritt gutheißen würden.

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Zumal die Frontlenkerbauweise bei Daimler-Benz damals eben erst in den Kinderschuhen steckte. Zwei Vorteile hatte indes der Kurzhauber gegenüber den Frontlenkern auf jeden Fall. Zum einen fühlten sich viele Fahrer hinter einer – wenngleich auch für damalige Verhältnisse relativ kurzen – Haube sicherer als im knautschzonenlosen Frontlenker. Und zum anderen ragte der Motor bei den Kurzhaubern nur moderat ins Fahrerhaus hinein, bot also noch eine Art Durchstieg. Er ließ auf diese Weise zudem genügend Platz für einen dritten Sitz zwischen Fahrer und Beifahrer, strahlte weniger Wärme und auch weniger Geräusch direkt in die Kabine ab als bei der Frontlenkerkabine, die sich ja direkt über den Motor wölbte. Besser zugänglich war der Motor beim Kurzhauber sowieso. Und bis zur Produktion der ersten kippbaren Frontlenkerkabinen sollte es ohnehin noch Jahre dauern.

Ursprung der schweren Kurzhauber war Gaggenau. Dort rollte der für den Fernverkehr und schwere Baueinsätze konzipierte L 337 vom Band, dessen Gesamtgewicht aber ebenfalls die von Seebohm verordneten zwölf Tonnen zumindest anfangs nicht überstieg. Mit seinem 172 PS starken Sechszylinder-Vorkammermotor OM 326 (10,8 Liter Hubraum) war er aus zeitgenössischer Sicht für die damals zugestandenen 24 Tonnen Zuggesamtgewicht auch gut gerüstet. Zum Vergleich: Im Zwölftonner L 327 sowie dem 10,5-Tonner L 322 arbeitete anno 1959 der 5,1 Liter große OM 321, der es auf 110 Pferdestärken brachte.

Der Export indes verlangte nach verstärkten Fahrzeugen mit höherem Gesamtgewicht. Dem trug Daimler-Benz zum Beispiel mit dem L 332 Rechnung, der mit 19 Tonnen Gesamtgewicht dienen konnte und ab 1963 produziert wurde. Auch änderten sich die Vorschriften in Deutschland wieder relativ schnell. Bald galten 16 Tonnen für den Motorwagen und ebenfalls 16 Tonnen für die gezogene Einheit als das Maß der Dinge.

Bei den Lkw dieser Epoche vollzog sich schließlich auch 1963 jene Wandlung in den Typenbezeichnungen, die dann die Aufführung der wenig sagenden Baumuster zugunsten der an Gesamtgewicht und Motorleistung orientierten Ziffernfolge aufgab. Und die heute noch für alle Lkw von Mercedes-Benz gilt. Aus einem L 334 wurde dann also ein L 1920, den der Kenner sofort als 19-Tonner mit 200 PS starkem Motor identifizieren kann.

VORSTELLUNG DES ERSTEN DREIACHSERS NACH DEM KRIEG AUF DER IAA

Auf der Frankfurter IAA im Jahr 1963 präsentierte Daimler-Benz das erste Mal nach dem Krieg wieder einen Dreiachser, der speziell für Baustellen- und Kurzstreckenverkehre gedacht und als Kurzhauber ausgeführt war. 1964 erfolgte die Umstellung der Vorkammer- auf Direkteinspritzermotoren. Ebenfalls Mitte der 60er-Jahre wurden synchronisierte Fünfganggetriebe, die neue Hinterachse mit Zweigang-Planetengetriebe sowie die werkeigene Hydrolenkung und Zweikreis-Bremsanlagen eingeführt. Ab den 70er-Jahren stattete das Werk die schweren Kurzhauber mit den neuen V-Motoren der Baureihe 400 aus. Im Export hielten sich die Aggregate der Motorenbaureihe 300 aber hartnäckig bis zum Schluss: Ein L 2624 oder L 2628 zum Beispiel trat noch von 1979 bis 1994 die Reise in ferne Länder grundsätzlich mit dem aufgeladenen OM 355 A an (11,6 Liter Hubraum, 240/280 PS).

Machte die Entwicklung der Frontlenkerkabinen in den 60er-Jahren Riesenschritte, löste das sogenannte kubische Fahrerhaus die alten Pullman-Kabinen ab und wich dieses schließlich anno 1973 den Fahrerhäusern der Neuen Generation, so ging es mit den Kurzhauberkabinen nur in kleineren Schritten voran. Sie legten ein großes Beharrungsvermögen an den Tag. Ab Juli 1967 erhielten sie eine verbesserte Kabine mit hochgezogener und stark vergrößerter Frontscheibe, konnten mit mehr Innenhöhe sowie einer Dachluke glänzen. Weitere Verbesserungen hier und da folgten 1980, als aus der Neuen Generation bereits die Neue Generation 80 geworden war, mit deren Kabine der Kurzhauber sich beim besten Willen nicht mehr messen konnte.

EXPORTSCHLAGER KURZHAUBER

Doch erwiesen sich vor allem die schweren Ausführungen der Kurzhauber längst als regelrechte Exportschlager. Während die Produktion der leichten und mittelschweren Kurzhauber – je nach Typ – zwischen 1976 und 1984 auslief, hielten sich die schweren Zweiachser L 1924, L 1928 sowie die Dreiachser L 2624 und L 2628 noch lange Jahre im Export. Erst Mitte der 90er-Jahre sollte solch ein kurzhaubiger L 1924 als Letzter seiner Art in Wörth vom Band rollen.

Der lange Reigen der Kurzhauber-Sattelzugmaschinen nahm seinen Anfang mit der 1960 vorgestellten Zugmaschine LS 3378, die für ein Zuggesamtgewicht von 24 Tonnen konzipiert war und über einen Radstand von 3.700 Millimetern verfügte. 1960 folgte die später dann auch LS 1418 genannte Sattelzugmaschine LS 338, deren Zuggesamtgewicht bei 29,5 bis 30 Tonnen lag und die in den drei verschiedenen Radständen 3.200, 3.700 sowie 4.200 Millimeter lieferbar war. Für 35 Tonnen Zuggewicht gedachte Sattelzugmaschinen mit einem Sattelzugmaschinen-Gesamtgewicht von 19 Tonnen folgten 1962 in Form der Kurzhauber-Sattelzugmaschine LS 322 B, die allerdings nur mit einem Radstand von 3.600 Millimetern lieferbar war.

Erst für 32, dann für 38 Tonnen Gesamtgewicht konzipiert war derweil das 1960 vorgestellte Modell LS 344, das ab 1963 LS 1620 hieß. Auch beim LS 1620 war der einzige lieferbare Radstand 3.600 Millimeter. Der LS 344 sowie der LS 322 waren auch als allradgetriebenes Fahrzeug lieferbar. Die Fortschreibung dieser Reihen über Typen wie L 1923, L 1924 oder L 1928 reflektierte die Fortschritte bei der Motorisierung. Für die ab 1967 gebrachten Sattelzugmaschinen LS 1923 bot das Werk dann noch den zusätzlichen Radstand von 4.200 Millimetern an.

Ab 1964 ergänzten dreiachsige Sattelzugmaschinen für anfangs 22-, später 24 und 26 Tonnen Zugmaschinengewicht und ein Gesamtzuggewicht von 38 Tonnen das Angebot an Kurzhauber-Sattelzugmaschinen. Als Radstände standen sowohl 3.600 als auch 4.000 Millimeter (jeweils und 1.340 Millimeter für die dritte Achse) zur Wahl. Diese dreiachsigen Kurzhauber-Sattelzugmaschinen gab es von Anfang an auch in allradgetriebener Version, für die das Kürzel LAS stand.

KURZHAUBER AUCH ALS BAUSTELLENFAHRZEUG SEHR BELIEBT

Prädestiniert waren die 1959 gebrachten Kurzhauber auch für die Baustelle, hielten sich in diesem Segment noch lange, als der Fernverkehr schon längst auf Frontlenker umgeschwenkt war. Gemäß den seebohmschen Vorschriften starteten die Kurzhauber-Kipper aus Gaggenau mit dem Zwölftonner LK 337, dessen Kippbrücke 4000 x 2300 Millimeter maß und auf einem Radstand von 3.700 Millimetern fußte. Weiter ging es ab 1960 mit dem 13,5- bis 14-Tonner LK 338, der wahlweise auch schon mit 4.200 Millimeter langer Kippbrücke und ebenfalls 4.200 Millimeter Radstand zu haben war.

Richtig schwere Ausführungen für ein Gesamtgewicht von 16 Tonnen folgten ebenfalls schon 1960 in Form des LK 334 (später LK 1620), der über einen Radstand von 4.600 Millimetern verfügte und dessen Kippbrücke 4.400 x 2.300 Millimeter maß. Ein Art Mittelding zwischen diesen Tonnagen bildete der 1962 vorgestellte Allradkipper LAK 329 (später LAK 1518), den das Werk mit 3.750 Millimeter Radstand lieferte und dessen Kippbrücke die Abmessungen 4.000 x 2.300 Millimeter hatte.

Den L 334 gab es auch in einer Exportversion, die es mit 13-Tonnen-Hinterachsen auf 19 Tonnen Gesamtgewicht brachte und sowohl 4.200 als auch 4.600 Millimeter Radstand bot. Sämtliche schweren Kurzhauber-Kipper waren ab dem LK 334 (später LK 1620) auch in Allradversion lieferbar. Der Radstand betrug dann allerdings in der Regel 4.200 Millimeter. Eine Ausnahme bildete der 1962 gebrachte L 334, der alternativ auch mit einem Radstand von 4.600 Millimetern lieferbar war.

Ab 1967 bot das Werk die Kurzhauber-Kipper L 1923 mit einem dritten und besonders kurzen Radstand an, der sich auf 3.600 Millimeter belief. Bei den Allradversionen waren ab dieser Zeit 4.200 und 4.600 Millimeter Radstand erhältlich.